WORUM GEHT ES BEIM BETREUUNGSGESETZ?
Das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljährige (Betreuungsgesetz - BtG) vom 12. September 1990 (Bundesgesetzblatt Teil 1, Seite 2002) ist am 1. Januar 1992 in Kraft getreten. Es hat erhebliche Verbesserungen für erwachsene Mitbürgerinnen und Mitbürger gebracht, die früher unter Vormundschaft oder Gebrechlichkeitspflegschaft standen. Betreuung als Rechtsfürsorge zum Wohl der betroffenen Menschen ist an die Stelle von Entmündigung, Vormundschaft für Erwachsene und Gebrechlichkeitspflegschaft getreten. Das Wesen der Betreuung besteht darin, dass für eine volljährige Person ein Betreuer bestellt wird, der in einem genau festgelegten Umfang für sie handelt.
Das Selbstbestimmungsrecht des betroffenen Menschen soll dabei gewahrt bleiben, soweit dies möglich und seinem Wohl zuträglich ist. Seine Wünsche sind in diesem Rahmen beachtlich. Auch für die jetzige Tätigkeit der früheren Vormünder und Pfleger als Betreuerinnen und Betreuer beinhaltet das Betreuungsgesetz viele Vorteile.
Betroffen sind Erwachsene, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können.
Viele der Betroffenen sind alte Menschen. Die Regelungen werden für sie zunehmend von Bedeutung sein. Der Anteil älterer Mitbürger an der Gesamtbevölkerung wird sich in den kommenden Jahren wesentlich erhöhen. So ist heute jeder vierte Bundesbürger älter als 60 Jahre und schon im Jahre 2030 wird es jeder Dritte sein. Für viele kann dies bedeuten, dass sie im letzten Abschnitt ihres Lebens auf die Hilfe anderer angewiesen sind.
UNTER WELCHEN VORAUSSETZUNGEN WIRD EIN BETREUER BESTELLT?
Ein Betreuer kann nur bestellt werden, wenn bei der betroffenen Person eine Hilfsbedürftigkeit vorliegt, die auf einer der folgenden, im Gesetz (§1896 Abs. 1 BGB) genannten Krankheiten oder Behinderungen beruht:
• Psychische Krankheiten
Hierzu gehören alle körperlich nicht begründbaren seelischen Erkrankungen; ferner seelische Störungen, die körperliche Ursachen haben, beispielsweise als Folge von Krankheiten (z. B. einer Hirnhautentzündung) oder von Verletzungen des Gehirns. Auch Abhängigkeitserkrankungen (Sucht) können bei entsprechendem Schweregrad psychische Krankheiten sein. Dasselbe gilt schließlich für Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen („Psychopathien").
• Geistige Behinderungen
Hierunter fallen die angeborenen sowie die während der Geburt oder durch frühkindliche Hirnschädigung erworbenen Intelligenzdefekte verschiedener Schweregrade.
• Seelische Behinderungen
Dies sind bleibende psychische Beeinträchtigungen, die als Folge von psychischen Erkrankungen entstanden sind. Auch die geistigen Auswirkungen des Altersabbaus werden hierzu gerechnet.
• Körperliche Behinderungen
Auch körperliche Behinderungen können Anlass für die Bestellung eines Betreuers sein, allerdings nur, soweit sie die Fähigkeit zur Besorgung der eigenen Angelegenheiten wenigstens teilweise aufheben oder wesentlich behindern. Dies kann etwa bei dauernder Bewegungsunfähigkeit der Fall sein.
Zu der Krankheit oder Behinderung muss ein Fürsorgebedürfnis hinzutreten: Ein Betreuer darf nur bestellt werden, wenn der Betroffene auf Grund dieser Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht zu besorgen vermag. Es kann sich dabei etwa um Vermögens-, Renten- oder Wohnungsprobleme, aber auch um Fragen der Gesundheitsfürsorge oder des Aufenthalts handeln.
GRUNDSATZ DER ERFORDERLICHKEIT BEI DER BETREUERBESTELLUNG
Die Betreuung stellt eine wichtige Hilfe für die Betroffenen dar. Sie kann von ihnen aber auch als Eingriff empfunden werden, zumal wenn sie mit der Bestellung nicht einverstanden sind. Gegen den Willen des Betroffenen, sofern er diesen frei bilden kann, darf ein Betreuer nicht bestellt werden (§ 1896 Abs. 1a BGB). Für alle Bereiche des Betreuungsrechts gilt außerdem der Grundsatz der Erforderlichkeit. Dieser bezieht sich
• auf das "Ob" einer Betreuerbestellung,
• auf den Umfang des Aufgabenkreises des Betreuers,
• auf die Auswirkungen der gerichtlichen Maßnahme,
• auf die Dauer der Betreuerbestellung.
NOTWENDIGKEIT DER BETREUUNG
Ein Betreuer wird nur bestellt, wenn dies notwendig ist, weil eine Person ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr besorgen kann. Dabei muss zunächst festgestellt werden, ob nicht andere Hilfsmöglichkeiten bestehen, insbesondere die Unterstützung durch Familienangehörige, Bekannte oder soziale Dienste. Solche Hilfen sind vorrangig.
Wichtig:
Wenn es nur darum geht, dass jemand rein tatsächliche Angelegenheiten nicht mehr selbständig besorgen kann (etwa seinen Haushalt nicht mehr führen, die Wohnung nicht mehr verlassen usw.), so rechtfertigt dies in der Regel nicht die Bestellung eines Betreuers. Hier wird es normalerweise auf ganz praktische Hilfen ankommen (z. B. Sauberhalten der Wohnung, Versorgung mit Essen), für die man keinen gesetzlichen Vertreter braucht.
Einen Betreuer braucht auch derjenige nicht, der eine andere Person selbst bevollmächtigen kann oder bereits früher bevollmächtigt hat. Das gilt nicht nur in Vermögensangelegenheiten, sondern auch für alle anderen Bereiche, etwa die Gesundheitsangelegenheiten oder Fragen des Aufenthalts. Jeder kann in gesunden Tagen vorausschauend für den Fall der eventuell später eintretenden Betreuungsbedürftigkeit einer Person seines Vertrauens die Wahrnehmung einzelner oder aller Angelegenheiten übertragen. Der so Bevollmächtigte kann dann handeln, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Das Gericht wird nicht eingeschaltet.
Nur dann, wenn sich eine Kontrolle des Bevollmächtigten, zu der der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, als notwendig erweist, wird das Gericht befasst. Meist wird es dabei ausreichen, eine Person zu bestimmen, die anstelle des Vollmachtgebers handelt und so die Rechte des Vollmachtgebers gegenüber seinem Bevollmächtigten wahrnimmt, den so genannten Kontrollbetreuer (§ 1896 Abs. 3 BGB).
Will der Bevollmächtigte in die Untersuchungen des Gesundheitszustandes, in eine Heilbehandlung oder in einen ärztlichen Eingriff beim Betroffenen einwilligen, so bedarf er der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass die betroffene Person aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet; die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist auch erforderlich, wenn die bevollmächtigte Person den betroffenen Menschen in einer die Freiheit entziehenden Weise unterbringen möchte; in diesen Fällen muss die Vollmacht zudem schriftlich erteilt sein und die genannten Maßnahmen ausdrücklich umfassen.
Einzelheiten zur Vorsorgevollmacht finden Sie in der ebenfalls vom rheinland-pfälzischen Justizministerium herausgegebenen Broschüre "Wer hilft mir, wenn...?".
UMFANG DER BETREUUNG
Betreuer dürfen nur für die Aufgabenkreise bestellt werden, in denen eine Betreuung tatsächlich erforderlich ist (§ 1896 Abs. 2 BGB). Bereiche, die die Betroffenen eigenständig erledigen können, dürfen den Betreuern nicht übertragen werden. Was die Betreuten noch selbst tun können und wofür sie einen gesetzlichen Vertreter benötigen, wird im gerichtlichen Verfahren festgestellt.
AUSWIRKUNGEN DER BETREUUNG
Die Bestellung eines Betreuers ist keine Entrechtung. Sie hat nicht zur Folge, dass der Betreute geschäftsunfähig wird. Die Wirksamkeit der von ihm abgegebenen Erklärungen beurteilt sich wie bei allen anderen Personen alleine danach, ob er deren Wesen, Bedeutung und Tragweite einsehen und sein Handeln danach ausrichten kann. In vielen Fällen wird eine solche Einsicht allerdings nicht mehr vorhanden sein. Dann ist der Betreute „im natürlichen Sinne" - unabhängig von der Betreuerbestellung - geschäftsunfähig (§ 104 Nr. 2 BGB).
DER EINWILLIGUNGSVORBEHALT
Von dem Grundsatz, dass das Betreuungsrecht keinen Einfluss auf die rechtliche Handlungsfähigkeit der Betroffenen hat, gibt es eine wichtige Ausnahme: Wenn das Gericht für einzelne Aufgabenkreise einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet hat, tritt hierdurch eine Beschränkung der Teilnahme am Rechtsverkehr ein. Der betreute Mensch braucht dann (von gewissen Ausnahmen, wie etwa bei geringfügigen Geschäften des täglichen Lebens, abgesehen) die Einwilligung seines Betreuers.
Einen Einwilligungsvorbehalt ordnet das Gericht an, wenn die erhebliche Gefahr besteht, dass der betreute Mensch sich selbst oder sein Vermögen schädigt. Die Maßnahme dient damit in erster Linie dem Schutz des Betreuten vor uneinsichtiger Selbstschädigung. Ein Einwilligungsvorbehalt kann z. B. auch angeordnet werden, um zu verhindern, dass der Betreute an nachteiligen Geschäften festhalten muss, weil im Einzelfall der ihm obliegende Nachweis der Geschäftsunfähigkeit nicht gelingt.
EHESCHLIEßUNG UND ERRICHTUNG VON TESTAMENTEN, WAHLRECHT
Betreute können heiraten, wenn sie nicht geschäftsunfähig sind; ebenso können sie ein Testament errichten, wenn sie testierfähig sind, d.h. wenn sie in der Lage sind, die Bedeutung ihrer Erklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Die Betreuerbestellung hat darauf keinen Einfluss. Einen Einwilligungsvorbehalt hierfür gibt es nicht. Der Zustimmung des Betreuers für diese Handlungen bedarf es deshalb nie. Auch das Wahlrecht behalten Betreute, sofern nicht eine umfassende Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten erfolgt ist.
DAUER DER BETREUUNG
Die Betreuerbestellung und die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts dürfen nicht länger als notwendig dauern. Das Gesetz schreibt deshalb ausdrücklich vor, dass die Betreuung aufzuheben ist, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Die beteiligten Personen, insbesondere der Betreute und der Betreuer, haben daher jederzeit die Möglichkeit, dem Betreuungsgericht den Wegfall der Betreuungsbedürftigkeit mitzuteilen und so auf eine Aufhebung der Betreuung hinzuwirken. Ferner wird bereits in die gerichtliche Entscheidung das Datum des Tages aufgenommen, an dem das Gericht die getroffene Maßnahme überprüft haben muss. Spätestens nach sieben Jahren muss über die Aufhebung oder Verlängerung entschieden werden.
(Quelle: Broschüre „Betreuungsrecht“, Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz)
AWO Betreuungsverein
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